Autor: Antje Lehbrink

Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger (@cyberkriminologe) zur Relevanz digitaler Kriminalprävention


Bei unserer Fachtagung im September 2024 zur Prävention sexualisierter Gewalt im digitalen Raum hielt Cyberkriminologe Prof. Dr. iur. Thomas-Gabriel Rüdiger einen so spannenden wie aufrüttelnden Vortrag zur Relevanz digitaler Kriminalprävention.

Wir haben ihm drei Fragen gestellt, die er hier noch einmal für alle beantwortet! 

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PsG.nrw: Warum gibt es laut Statistik immer mehr Jugendliche, die sich im digitalen Raum strafbar machen?

Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger: Leider müssen wir in der polizeilichen Kriminalstatistik in den letzten Jahren den traurigen Trend verzeichnen, dass immer mehr minderjährige Tatverdächtige über digitale Sexualdelikte in Erscheinung treten. Teilweise reden wir über 40 bis 50% der Tatverdächtigen.

Und hier muss man aus meiner Sicht unterscheiden zwischen zwei groben Richtungen.

Einmal haben wir zum Beispiel einen Siebzehnjährigen, der auf eine Elfjährige einwirkt um von ihr übers Smartphone ein Nacktbild zu erhalten. Das ist klassisches Cybergrooming und klassische Deliktsbegehung.

Und dann haben wir Delikte, wo digitale Bildung das Relevante ist. Beispielsweise wenn eine Vierzehnjährige mit ihrem dreizehnjährigen Freund Nacktbilder austauscht und niemand mit ihr darüber geredet hat, was hier eigentlich strafbar ist. Und sie dann also Sexting betreibt und auf einmal mit einer Strafbarkeit konfrontiert wird. Oder wenn Kinder und Jugendliche in einem Klassenchat sind, wo irgendjemand ein solches Bild postet und das dann vollautomatisch heruntergeladen wird und auf einmal eine Besitzstrafbarkeit, zum Beispiel von kinderpornografischen Delikten, im Raum steht. Da brauchen wir eher digitale Bildung als Strafrecht und hier müssen wir ansetzen.

PsG.nrw: Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die größten Risiken für Kinder und Jugendliche im digitalen Raum?

Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger: Es gibt nicht dieses eine Risiko, wo man sagen kann: Wenn man das in den Griff kriegen könnte, wäre der digitale Raum für Kinder sicherer.

Vielmehr ist es so, dass im Prinzip der digitale Raum von Erwachsenen für Erwachsene geschaffen wurde, und Schutzinteressen von Kindern spielen dabei eigentlich keine Rolle. Das merkt man bis heute. Es ist immer noch so, dass es für viele Kinder Normalität darstellen kann, im digitalen Raum mit Sexualdelikten und pornografischen Inhalten konfrontiert zu werden. Dass sie vielleicht auf Hassnachrichten treffen, auf Fake News, auf Challenges.

Es kann also nicht darum gehen, ein Phänomen in irgendeiner Form in den Griff zu kriegen, sondern es muss generell darum gehen, einen digitalen Raum zu schaffen, der auch für Kinder sicher ist. Und das sehe ich gegenwärtig in keiner Form.

PsG.nrw: Hier sind also die Plattform-Anbieter*innen und alle gesellschaftlichen Akteur*innen in der Verantwortung.

Wie können wir Kinder und Jugendliche aus kriminologischer Sicht denn am besten schützen?

Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger: Gegenwärtig sind der beste Schutz für die eigenen Kinder immer noch motivierte Eltern, die sich selber fortbilden und die versuchen, ihre Kinder auf diesen digitalen Raum vorzubereiten. Wovon ich wenig halte, ist eine generelle Diskussion zum Verbot, wenn mit so einer Verbotsdiskussion nicht einhergeht, dass Kinder und Jugendliche trotzdem auf diesen digitalen Raum durch digitale Bildung vorbereitet werden. Denn das ist entscheidend: Das Social Media-Zeitalter fängt aus meiner Sicht jetzt schon an auszulaufen. Was nun vor uns steht, ist das KI-Zeitalter. Und das wird uns nochmal vor ganz andere Herausforderungen stellen, auf die wir uns jetzt schon vorbereiten müssen.

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Interessenbekundungs­verfahren für neue Kinderschutzprofessur gestartet


Mit der Einrichtung einer neuen Professur für Kinderschutz und Kinderrechte in Nordrhein-Westfalen unternimmt die Landesregierung einen weiteren Schritt, um Fachkräften in Theorie und Praxis Handlungssicherheit im Umgang mit Verdachtsfällen zu vermitteln und ihnen den Mut und die nötigen Kompetenzen zu vermitteln, diesen auch professionell nachzugehen.

Ziel der Professur ist es, an einer Hochschule des Landes Forschung und Lehre sowie den wissenschaftlichen Austausch zu diesen Themen zu stärken, den Austausch über Kinderschutzthemen in relevanten Studiengängen weiter auf- und auszubauen, die bestehenden Kinderschutzstrukturen in Nordrhein-Westfalen einzubinden sowie das Wissen in die Breite der Gesellschaft zu tragen.

Das nun gestartete Interessensbekundungsverfahren richtet sich an die staatlichen und staatlich refinanzierten Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

Hier geht’s zur Pressemitteilung.

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Sommerpause


Vom 29.7. bis zum 3.8. macht die PsG.nrw eine kleine Sommerpause und ist in diesem Zeitraum nicht erreichbar. Wir wünschen allen, die sich ebenfalls über Urlaub freuen dürfen, eine erholsame Zeit und allen anderen frohes Schaffen! 

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Umfrage zum Angebot der PsG.nrw


im Herbst wird die Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW 4 Jahre alt. Zeit für uns, gemeinsam mit Ihnen zurückzuschauen auf das bisher Erreichte: Ihre Meinung ist gefragt!

Wir freuen uns, wenn Sie an der untenstehenden Umfrage teilnehmen (Laufzeit: bis 5.7.2024). Dies wird etwa 5-6 Minuten in Anspruch nehmen. 

Die Umfrage ist anonym / die Ergebnisse werden anonymisiert angezeigt. Wenn Sie einen von 5 PsG.nrw-Regenschirmen gewinnen möchten, können Sie uns aber am Ende Ihre Mailadresse dalassen und nehmen dann an unserer Verlosung teil! Die Teilnahmebedingungen finden Sie unten in der Umfragemaske.

Hier geht’s zur Umfrage:

https://app.edkimo.com/feedback/keuzza?utm_source=pwa&utm_medium=fbc-copy

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Unsere Netiquette


Unser Instagram-Kanal ist ein Ort für Menschen, die sich für Kinderrechte, Kinderschutz und das Wohl von Kindern und Jugendlichen interessieren.

Wir wünschen uns hier einen respektvollen und konstruktiven Umgang miteinander.

Darum gibt es ein paar Regeln, die zu einem sicheren Ort für einen guten Austausch gehören.

  • Wir erwarten
    • Höflichkeit
    • Respekt
    • gegenseitige Rücksichtnahme

  • Wir dulden keine/n
    • Hass und Beleidigungen
    • diskriminierenden, rassistischen, menschenverachtenden, sexistischen oder extremistischen Kommentare
    • falschen oder irreführenden Informationen
    • rechtswidrigen Inhalte
    • demokratiefeindlichen Inhalte
    • kommerziellen Beiträge und Spam

Posts/Inhalte, die gegen die hier formulierten Grundsätze verstoßen, werden umgehend entfernt. 

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Interview des Kinderschutzbundes: „Wie Eltern einen guten Babysitter finden“


Abends ins Theater, die Kneipe oder in den Club gehen oder samstags einen ganzen Nachmittag lang shoppen … Viele Mütter und Väter sehnen sich danach, hin und wieder mal Zeit ohne ihre Kinder zu verbringen – ob alleine, zu zweit oder mit Freunden. Wenn die Kinder noch nicht alt genug sind, um alleine zu Hause zu bleiben, brauchen Eltern eine private Kinderbetreuung. Aber wie finden sie eine Person, der sie ihren Nachwuchs anvertrauen können? MENSCHENSKINDER! hat mit Nadine Jastfelder über das Thema gesprochen.

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Sexualisierte Peer-Gewalt im digitalen Raum – Artikel für die KJuG


Sexting und andere Formen der sexualisierten Kommunikation von Minderjährigen und Heranwachsenden mit (fast) Gleichaltrigen gehören heutzutage zur sexuellen Entwicklung und zu den sexualitätsbezogenen Herausforderungen. Um jugendtypische Kommunikationsformen zu respektieren und gleichzeitig ein sicheres Aufwachsen für Kinder und Jugendliche auch in digitalen Räumen zu ermöglichen, ist das Ziel, mit jungen Menschen über Grenzachtung, Geschlechterrollen und Strafbarkeiten zu sprechen. Ein Artikel von Silke Knabenschuh in der aktuellen Ausgabe von Kinder- und Jugendschutz in der Praxis.

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„Sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorbeugen – Ansätze der Prävention“


„Überall da, wo Menschen miteinander in Beziehung treten, können Grenzverletzungen, Übergriffe und Formen sexualisierter Gewalt durch Erwachsene wie auch durch Kinder und Jugendliche vorkommen. Es ist entscheidend, damit bewusst, transparent und reflektiert umzugehen, um solche Fälle zu minimieren oder zu verhindern.“

Den ganzen Artikel zum Thema von  Nadine Jastfelder  für das Journal der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungsberatung NRW  (Ausgabe 6. Jahrgang 2024)  gibt es hier.

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Der Gewaltbegriff im Rechte- und Schutzkonzept


Im Mai 2022 ist das Landeskinderschutzgesetz in NRW in Kraft getreten. Dort ist in §11 Absatz 1 verankert, dass Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe gegen Formen körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt sowie gegen Machtmissbrauch und weitere Formen von Kindeswohlgefährdung schützen sollen. Angesichts dieses umfangreichen Gewaltbegriffs im Gesetz stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten und Anknüpfungspunkten von Prävention, die ein Rechte- und Schutzkonzept leisten kann.

Jegliche Formen von Gewalt und Machtmissbrauch sind Risiken für das gesunde Aufwachsen von jungen Menschen. Das Erleben von Gewalt geht für Betroffene mit physischen und psychischen Belastungen einher, ist ein Risikofaktor für die Ausbildung von psychischen Krankheiten und steht der Wahrung von höchstpersönlichen Rechten der Kinder und Jugendlichen gegenüber.  Der Schutz vor Gewalt und die Wahrung von höchstpersönlichen Rechten ist daher eine grundsätzliche Aufgabe von pädagogisch Tätigen. 

Im Folgenden möchten wir darlegen, wie wir als Landesfachstelle mit dem umfangreichen Gewaltbegriff umgehen. Zum Zweiten möchten wir aber auch noch einmal begründen, warum wir es wichtig finden, Formen sexualisierter Gewalt hervorzuheben und spezifisch in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus erörtern wir, welche Möglichkeiten der Berücksichtigung wir im Schutzprozess sehen.  

Warum ein Zusammendenken des Gewaltbegriffs notwendig ist

Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Praxis zeigen, dass Gewaltformen nicht getrennt voneinander auftreten, sondern ineinander übergehen. Täter*innen, die sexuelle Handlungen gegen Kinder und Jugendliche ausüben, wenden in ihrem strategischen Vorgehen vor allem psychische Gewalt an. Sie manipulieren die Betroffenen und setzen sie unter Druck, um zu verhindern, dass sich junge Menschen hilfesuchend an Unterstützer*innen wenden können. Auch Formen von körperlicher Gewaltanwendung können Teil der Täter*innen-Strategie sein, um Betroffene körperlich zu desensibilisieren und/oder zu bedrohen.

Erwachsene sind vor allem durch ihre körperliche, psychisch-emotionale und kognitive Überlegenheit in einer Machtposition gegenüber Kindern und Jugendlichen. Täter*innen setzen an diesem ungleichen Verhältnis an, sie nutzen ihre Machtposition, um sexualisierte Gewalt auszuüben. Wenn wir von Prävention sprechen und diese durch Schutzprozesse umsetzen, so wenden wir uns damit der körperlichen und psychischen Unversehrtheit zu und berücksichtigen insbesondere das Machtverhältnis zwischen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen.

Auch in anderen Konstellationen verlaufen die Grenzen zwischen den Formen von Gewalt fließend. Zwar ist es möglich, dass einzelne Formen von Gewalt ohne die Anwendung weiterer Formen ausgeübt werden. Zum Beispiel kann psychische Gewalt durch systematische Beleidung und Erniedrigung auftreten, ohne dass es zu weiteren Formen der Gewalt kommt. Für Rechte- und Schutzkonzepte sehen wir dabei den Bedarf, die Perspektive auf Gewaltformen im Schutzprozess zu erweitern (siehe übernächsten Abschnitt).

Warum wir es wichtig finden, sexualisierte Gewalt zu betonen

Der Grund, aus dem wir im Zusammenhang mit Rechte- und Schutzkonzepten noch einmal besonders auf sexualisierte Gewaltdynamiken hinweisen wollen, ergibt sich aus dem strategischen Vorgehen der Täter*innen. Ihre manipulativen Strategien setzen nicht nur bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen an, sondern zielen auf das Umfeld und die Struktur ab, in denen sich Täter*innen bewegen. Sukzessiv verändern sie Abläufe, passen Regelungen an und beeinflussen Team-Dynamiken, sodass die Gegebenheiten insgesamt begünstigend für das Ausüben von sexualisierter Gewalt sind. Diese Besonderheiten durch Täter*innen-Strategien lassen sich ausschließlich für sexualisierte Gewaltdynamiken identifizieren.

Für das Minimieren des Risikos von (sexualisierter) Gewalt in Organisationen durch ein Rechte- und Schutzkonzept ist es daher entscheidend, die Strategien der Täter*innen zu kennen und bei der Betrachtung der Bedingungen in der Organisation/Einrichtung gezielt in den Blick zu nehmen.  

Im Schritt der Risiko- und Potentialanalyse werden mögliche Anknüpfungspunkte für Täter*innen-Strategien identifiziert, die somit Risikofaktoren für sexualisierte Gewaltdynamiken sind (> Risiko- und Potentialanalyse). Darauf aufbauend sollten dann Rechte- und Schutzkonzepte entwickelt werden, die eine achtsame und grenzwahrende Kultur in der Organisation etablieren und die Möglichkeitsräume für Täter*innen minimieren.

Warum eine differenzierte Betrachtung in den Bausteinen des Rechte- und Schutzkonzeptes sinnvoll ist 

Schutzprozesse haben zum Ziel, Risiken von (sexualisierter) Gewalt zu minimieren und dementsprechend Organisationen zu möglichst sicheren Orten für Kinder und Jugendliche zu machen. Ein wesentlicher Kern ist wie bereits beschrieben die Risiko- und Potentialanalyse, bei der es darum geht, die Bedarfe und Ressourcen für Schutzbemühungen zu identifizieren. Je differenzierter, detaillierter und umfassender die Analyse durchgeführt wird, desto realistischer und praxisnäher werden die Ergebnisse.

Dementsprechend kann eine Risiko- und Potentialanalyse davon profitieren, wenn Gewaltausformungen differenziert in den Blick genommen werden, um offenzulegen, inwiefern sich verschiedene Formen der Gewalt in der Organisationpraxis etabliert haben.

 Zum Beispiel lässt sich hier erörtern:

  • Welches Verständnis hat die Organisation von Gewalt? Gibt es ein Bewusstsein für einen differenzierten Gewaltbegriff mit unterschiedlichen Ausformungen?
  • Welche Regeln existieren in der Organisation, die den persönlichen Umgang untereinander beziehungsweise den pädagogischen Umgang zwischen Mitarbeitenden und Klient*innen festlegen?
  • Gibt es Umgangsformen, Traditionen/Rituale oder „ungeschriebene Gesetze“, die Aspekte von zum Beispiel körperlichen Grenzüberschreitungen, verbaler Abwertung oder Missachtung von persönlichen Grenzen aufweisen (in allen Konstellationen)?
  • Welche Verhaltens- und Kommunikationskultur existiert insbesondere unter den Mitarbeiter*innen? Gibt es eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung und Achtung (auch in der Ansprache)? Gibt es ein Bewusstsein dafür, dass sexualisierte Gewalt auch in mediatisierter Form auftritt, da digitale Medien Hilfsmittel und/oder Umgebung von Gewalthandlungen sein können?

Unter anderem Fragestellungen wie diese erweitern den Blick auf die eigenen Strukturen und legen den Fokus darauf, inwieweit Verhaltens- und Umgangsweisen, Sprache und Kommunikation oder Regeln (auch ungeschriebene) gewaltvoll sind und einer Veränderung bedürfen. Insbesondere Erwachsene haben die Möglichkeit zu überprüfen, inwiefern verschiedene Formen der Gewalt (bewusst oder unbewusst) Teil des organisationalen Alltags sind.

In einem zweiten Schritt lassen sich auf Grundlage der Erkenntnisse, die in der Risiko- und Potentialanalyse gewonnen wurden, konkrete Bausteine für das Rechte- und Schutzkonzept entwickeln. Auch dabei ist es möglich, alle Formen von Gewalt und Machtmissbrauch mitzudenken. So lassen sich beispielsweise Verhaltenserwartungen bezüglich der Nicht-Anwendung verbaler/psychischer Gewalt explizit in Verhaltensleitlinien und -kodexe implementieren. Ebenso können die Themen Gewaltprävention oder Deeskalationstraining mit in den Fortbildungsplan aufgenommen werden. Ein weiteres Beispiel ist die Möglichkeit, das Interventionsverfahren zu erweitern und interne Handlungsabläufe festzulegen, wenn es beispielsweise zu körperlichen Auseinandersetzungen unter Jugendlichen in der Einrichtung kommt.

Siehe dazu auch die Handreichung „Thema Jugend Kompakt. Rechte- und Schutzkonzepte in der Jugendverbandsarbeit“ der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend.

Was ist überhaupt Gewalt? Diese Diskussion muss weitergehen

Sämtliche Formen von Gewalt sind ein Risiko für gesundes Aufwachsen junger Menschen. Rechte- und Schutzkonzepte haben zum Ziel, Einrichtungen zu möglichst sicheren Orten für Kinder und Jugendliche zu machen. Daher müssen alle Formen von Gewalt in der Praxis mitgedacht werden. Eine Subsumierung von sexualisierter Gewalt in einen „allgemeinen Gewaltbegriff“ geht mit dem Risiko einher, dass ebenjene Spezifika aus dem Sichtfeld geraten und somit innerhalb des Schutzprozesses unzureichend berücksichtigt werden.

Die Einordnung des Gewaltbegriffs und welche Handlungen als gewaltvoll gelten, ist historisch gewachsen und wurde (und wird auch heute) unterschiedlich bewertet. Schauen wir auf Gewalt als Phänomen, ist es elementar zu hinterfragen, was wir überhaupt als Gewalt definieren und welche Ausformungen wir mit einbeziehen. In diesem Zusammenhang können wir Formen der Gewalt auch nicht losgelöst von gesellschaftlichen Machtstrukturen denken. Kinder und Jugendliche sind keine einheitliche Gruppe und die Bedingungen für das Aufwachsen sind von der sozialen Position abhängig. Diskriminierungserfahrungen durch unter anderem Klassismus, Rassismus, Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit oder Ableismus gehören dabei zur Lebensrealität von jungen Menschen und ergeben unterschiedliche Vulnerabilitäten.

Auch betreffen junge Menschen weitere Gewaltkonstellationen wie Zeug*innenschaft häuslicher Gewalt, Gewalt in der Partner*innenschaft, Stalking, Sextortion und Femizide, die ebenfalls zur Lebensrealität gehören (können) und die es zu berücksichtigen gilt.

Die Komplexität und Viel-Dimensionalität des Gewaltbegriffs sind eine Herausforderung für die Präventionsarbeit durch Rechte- und Schutzkonzepte. An dieser Stelle sei aber noch einmal das Ziel der achtsamen Organisationskultur hervorgehoben, die sich durch Konzepte etablieren soll. Eine Kultur der Grenzachtung, des Hinschauens, der Verantwortung und (selbst-)kritischen Auseinandersetzung mit Machtstrukturen erschwert eine Anknüpfung von jeglichen Gewaltdynamiken und begünstigt ein möglichst sicheres Aufwachsen von jungen Menschen.

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Dritter Umsetzungsbericht des Handlungs- und Maßnahmenkonzepts Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche


Das Handlungs- und Maßnahmenkonzept im Bereich „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ für NRW wurde im Jahr 2020 von der Landesregierung beschlossen und wird seitdem fortlaufend umgesetzt und weiterentwickelt. Nun ist der dritte Umsetzungsbericht erschienen. Er liefert einen ressortübergreifenden Überblick des Umsetzungsstands bestehender Maßnahmen und neuer Vorhaben innerhalb des Berichtszeitraums seit Anfang 2023 und berichtet auch über die Tätigkeiten der Landesfachstelle und ihrer Regionalstellen.

Kinder- und Jugendministerin Josefine Paul: „Es ist elementar wichtig, dass wir uns ressortübergreifend und mit vereinten Kräften der Aufgabe der Prävention, Intervention und Hilfe im Bereich sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche widmen. Denn wirksamer Schutz gelingt nur in gemeinsamer Verantwortung. Unser oberstes Ziel ist und bleibt der bestmögliche Schutz unserer Kinder vor und in Fällen sexueller Gewalt. Der nunmehr dritte Umsetzungsbericht zeigt, dass wir uns diesem Ziel vollends verpflichtet fühlen und im Schulterschluss in einem starken Netzwerk mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren weiter verfolgen.”

Der dritte Umsetzungsbericht kann auf der Website des MKJFGFI eingesehen werden. Die ganze Pressemeldung gibt es hier. 

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