Vom Sprechen und Zuhören – Junge Menschen haben das Recht ernst genommen zu werden
Kinder und Jugendliche sind in der Gestaltung ihres Lebens und ihres Alltags von Erwachsenen abhängig. Dies liegt an ihrem Alter, ihrem Entwicklungsstand und ihrem rechtlichen Status als Minderjährige. Ob es nun darum geht, die familiäre Freizeit zu planen, Angebote in Kindertageseinrichtung oder Jugendzentrum auszuwählen oder die Klassenregeln festzulegen: Junge Menschen erleben häufig, dass die Erwachsenen die Entscheidungsmacht besitzen.
Fakt ist aber, dass Kinder und Jugendliche ein Recht auf Selbstbestimmung und die Mitgestaltung ihrer Lebenswelten haben.
Das bedeutet zum einen: Sie sind als Expert*innen ihrer Lebenswelten wahrzunehmen. Denn junge Menschen können sehr genau sagen, was ihre Bedürfnisse sind, was sie sich wünschen und was sie stört. Zum anderen bedeutet es auch, dass sie bei allen Entscheidungen, die sie direkt betreffen, die Möglichkeit erhalten müssen, Einfluss zu nehmen.
Eltern, Pädagog*innen und Politiker*innen sind hier in der Verantwortung. Denn das Recht auf Beteiligung bedeutet für Erwachsene die Pflicht, Kindern und Jugendlichen zuzuhören, sie ernst zu nehmen, ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen und ihnen die Möglichkeit der Einflussnahme einzuräumen. Kurzum: Es bedeutet, Macht an junge Menschen zu übertragen.
Für den Schutz vor sexualisierter Gewalt ist die Umsetzung dieses Kinderrechts ein elementarer Bestandteil. Kinder und Jugendliche werden dadurch ermutigt, ihre Anliegen selbst zu vertreten. Sie erfahren Selbstwirksamkeit und lernen, dass Erwachsene nicht immer automatisch im Recht sind, nur weil sie erwachsen sind.
Mündige und selbstbewusste junge Menschen haben eine starke Position innerhalb der Familie oder Institution, in der sie sich bewegen. Sie entwickeln klare Vorstellungen von ihren eigenen Bedürfnissen und können sich somit somit stärker von dem abgrenzen, was sie nicht wollen. Durch Erwachsene, die ihre Äußerungen und Grenzsetzungen ernst nehmen, werden sie darin bestärkt, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Insbesondere durch einen fairen und lösungsorientierten Umgang mit Beschwerden wird jungen Menschen ihr Selbstwirksamkeitspotential deutlich.
Damit also Kinder und Jugendliche ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie eine Stimme haben, braucht es Erwachsene, welche sie auch hören. Bei Entscheidungen der Erwachsenen, die junge Menschen direkt betreffen, lohnt es sich somit zu überprüfen, wie ihre Stimme in ausreichendem Maße mit einbezogen werden kann. Eine Kultur des Ernst-Nehmens, Hinsehens und Zuhörens ist nicht nur für die Achtung der höchstpersönlichen Rechte junger Menschen unerlässlich. Sie erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder und Jugendliche sich einer erwachsenen Person anvertrauen, wenn sie sexualisierte Gewalt erlebt haben.
Für pädagogische Einrichtungen gilt es, bedarfsgerechte Beteiligung im Rechte- und Schutzkonzept sicherzustellen (siehe Baustein 5 der Unterseite zu Rechte- und Schutzkonzepten der PsG.nrw: https://psg.nrw/baustein-5-kinder-und-jugendliche/).