Zu den Kinderrechten gehört das Recht auf Freiräume und Entwicklungsmöglichkeiten genauso wie das Recht auf Privatsphäre und auf Lebensbereiche, die nicht von Erwachsenen kontrolliert werden. Das Recht auf Freiräume und Privatsphäre für Kinder ist auch in der UN-Kinderrechtskonvention impliziert.[1]
Dies bedeutet, dass Kinder und Jugendliche das Recht haben, Zeit zum Spielen und Entspannen zu haben, sich kulturellen, sportlichen und/oder künstlerischen Aktivitäten zu widmen, sich mit Freund*innen zu treffen und ihre Interessen zu verfolgen. Natürlich immer unter der Prämisse, dass diese Aktivitäten alters- und entwicklungsgerecht sind.
Das Recht auf solche Freiräume ist wichtig für die Entwicklung von jungen Menschen, um ihre eigene Identität auszubilden und ihre Persönlichkeit zu entfalten. Dadurch lernen und üben sie, Verantwortung zu übernehmen, und erleben Selbstwirksamkeit. Das ist auch notwendig, um ein Gefühl für die eigenen Grenzen zu bekommen, diese auszuloten und zu artikulieren.
Freiräume bedeutet auch: Räume, die – dem jeweiligen Alters- und Entwicklungsstand entsprechend – frei von Kontrolle sind. Die den Kindern und Jugendlichen Selbstständigkeit zugestehen und die für die Erwachsenen bedeuten, zu vertrauen und ein Stück weit loszulassen. Es gibt also ein Spannungsfeld zwischen Schutz und dem Gewähren von Freiräumen.
Unser Motiv
Um Kindern ein möglichst geschütztes Erkunden der Umwelt ohne Eltern zu ermöglichen, greifen viele Erwachsene auf die Nutzung von GPS-Geräten zurück. Die Kontrolle von Kindern durch GPS-Tracking ist jedoch in vielerlei Hinsicht kritisch.
Die elterliche Kontrolle durch das Tracking kann Kindern Minderwertigkeitsgefühle vermitteln und die Botschaft transportieren, dass ihnen nicht zugetraut werde, sich alleine in der Welt zu bewegen.
Sowohl Eltern als auch Kindern wird außerdem ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt, weil im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt das Tracking nicht schützt. Selten findet diese nämlich durch Fremdtäter*innen statt (hier mehr dazu).
Das GPS-Gerät vermittelt Eltern zudem zwar, wo sich das Gerät befindet, nicht aber zwangsläufig, wo sich das Kind aufhält.
Einer der zentralen Präventionsgrundsätze lautet: „Vertraue deinem Gefühl!“ Durch GPS-Tracking wird dieses Vertrauen stillgelegt und auf die Technik übertragen.
Für ein gesundes Aufwachsen ist keine Kontrolle, sondern sind Freiräume und Vertrauen seitens der Erwachsenen vonnöten.
Erwachsene haben die Aufgabe und Verantwortung, die Freiheit von Kindern und Jugendlichen anzuerkennen und die Möglichkeiten zu schaffen, Freiräume zu nutzen.
Tipps für Fachkräfte und für Eltern
Freiräume zu schaffen und zu gewähren ist nicht immer leicht – vor allem, weil wir uns als Erwachsene Sorgen um den Schutz von Kindern und Jugendlichen machen.
Es kann hilfreich sein, Sorgen und Ängste den Kindern und Jugendlichen gegenüber deutlich zu machen und gemeinsam mit ihnen Regelungen zu finden, mit denen sich alle Beteiligten wohlfühlen. Besonders wenn es um Aushandlungsprozesse aufgrund des zunehmenden Alters der Kinder bzw. Jugendlichen geht, kommt es häufig zu Konflikten zwischen Eltern/Erziehungsberechtigten und ihren Kindern. Wenig hilfreich sind dann einfach Verbote.
Es sollten Lösungen gefunden werden, die beiden Parteien entgegenkommen. Das kann zum Beispiel die Vereinbarung sein, dass Kinder ihre Eltern informieren, wenn sie mit ihren Freund*innen spontan den Ort wechseln.
Unbedingt notwendig ist es, dass Kinder und Jugendliche wissen, dass sie sich immer an ihre Eltern/Erziehungsberechtigten wenden können, wenn ihnen etwas Unangenehmes oder Übergriffiges passiert ist – auch, wenn sie Regelungen umgangen oder nicht eingehalten haben. Dann darf es nicht um Bestrafung gehen, sondern dann müssen Unterstützung und Hilfestellung an erster Stelle stehen.
[1] Siehe dazu etwa Artikel 12 zur Berücksichtigung des Kindeswillens, Artikel 16 zum Schutz der Privatsphäre und der Ehre oder Artikel 31 zur Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben, staatlicher Förderung.
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