Die Risiko- und Potentialanalyse ist das Kernstück eines Schutzprozesses. In diesem Schritt geht es um die Analyse des Ist-Standes einer Organisation. Das bedeutet, dass hier die wesentlichen Bedarfe für ein Rechte- und Schutzkonzept ermittelt werden:
- Welche Bedingungen, Gegebenheiten und Konstellationen sind im Zusammenspiel begünstigend in Hinblick auf (sexualisierte) Gewaltdynamiken und auf das Anknüpfen für Täter*innen-Strategien und ergeben somit Gefährdungslagen für Kinder und Jugendliche? Kurz: Welche Risikofaktoren identifizieren die Verantwortlichen in der eigenen Organisation?
- Welche Bedingungen, Gegebenheiten und Konstellationen wirken sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt im Zusammenspiel schützend auf Kinder und Jugendliche aus und senken das Risiko für (sexualisierte) Gewaltdynamiken und das Anknüpfen von Täter*innen-Strategien?
Kurz: Welche Schutzfaktoren machen die Verantwortlichen in der eigenen Organisation aus?
Je mehr Bereiche einer Organisation in den Blick genommen werden, desto umfangreicher und realistischer wird das Bild von den Gefährdungslagen. Ein wesentlicher Gelingensfaktor für eine aussagekräftige Risiko- und Potentialanalyse ist zudem die Einbeziehung von Perspektiven von verschiedenen Akteur*innen der Organisation, je nach Kontext also Mitarbeitende (sowohl pädagogische als auch weitere), Kinder- und Jugendliche, Eltern und Sorgeverantwortliche.
Auch dabei gilt: Je breiter die Perspektiven von verschiedenen Personengruppen miteinbezogen werden, desto realistischer und praxisnäher wird das Bild. Vor allem Kinder und Jugendliche haben einen eigenen Blick auf Gegebenheiten, die Erwachsene nicht wahrnehmen oder anders beurteilen. In Bezug auf den tatsächlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor (sexualisierter) Gewalt ist daher insbesondere die Beteiligung der Zielgruppe unerlässlich, um praxisbezogene Rechte- und Schutzkonzepte zu entwickeln.
Die Entwicklung von Rechte- und Schutzkonzepten bringt einige Herausforderungen mit sich. So muss zum Beispiel das Konzept in seiner Komplexität der Zielgruppe angepasst werden. Das unter Umständen emotionale Thema der sexualisierten Gewalt muss für die an der Konzeptentwicklung Beteiligten zugänglich gemacht werden, sodass die Schwelle niedriger ist, sich damit auseinanderzusetzen. Darum haben sich methodische Zugänge für die Risiko- und Potentialanalyse etabliert, die einen eher spielerischen Ansatz haben. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Die Methoden können sowohl in der Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen als auch in der Arbeit mit erwachsenen Leitungs- und Fachkräften eingesetzt werden. Dabei liefern methodische Zugänge wichtige Erkenntnisse, die in die Risiko- und Potentialanalyse einfließen und somit für die Erstellung von Rechte- und Schutzkonzepten berücksichtigt werden können.
Tipps zur Durchführung und zu Methodensammlungen finden Sie auf unserer Taskcard!
Die Durchführung von Methoden im Rahmen der Risiko- und Potentialanalyse kann aber nur dann ein Gewinn für den Gesamtprozess sein, wenn bestimmte Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Im Folgenden wird daher ein Blick auf ebenjene Voraussetzungen gerichtet, die im Wesentlichen zum Gelingen von methodischer Umsetzung beitragen und somit Erkenntnisse für die weiteren Bedarfe im Schutzprozess liefern können.